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Geschrieben von Günter am 06.12.2010 um 02:29:

Deserteure

Ihr Lieben,

wie ich vorhin im Fernsehen hörte, gab es im schrecklichen Vietnamkrieg der USA 55.000 Deserteure! Die wurden auch Jahrzehnte später noch juristisch verfolgt und zum Teil auch hart abgeurteilt.

Das Wort "Deserteur" klingt ja auch sehr negativ. Wenn sich aber jemand einem unrechten verbrecherischen Krieg entzieht, wie durch die USA in Vietnam und im Irak geführt, ist das dann wirklich ein Verräter? Oder eher das Gegenteil?

Wenn sich ein deutscher Soldat der Deutschen Wehrmacht während der NS-Zeit entschied, zu desertieren, war das ein Verräter oder ein Held?

Wie beurteilt Ihr heute das Verhalten von Deserteuren?

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Liebe Grüße winke
Günter



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Geschrieben von Quark am 06.12.2010 um 07:58:

Mal ketzerisch gegengefragt: Wenn sich ein Soldat bei der Verteidigung seiner Stellung nicht mehr auf seinen Kameraden verlassen kann, weil dieser ja 'gleich mal eben weg ist'. wäre das besser?

Mal davon abgesehen, dass ich sowieso gegen Kriege bin.

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In der Politik geschieht nichts zufällig. Wenn es geschieht, dann kann man darauf wetten, dass es genauso geplant war.

Franklin D. Roosevelt


Geschrieben von subkultur am 06.12.2010 um 10:13:

Zitat:
Original von Quark
Mal ketzerisch gegengefragt: Wenn sich ein Soldat bei der Verteidigung seiner Stellung nicht mehr auf seinen Kameraden verlassen kann, weil dieser ja 'gleich mal eben weg ist'. wäre das besser?

Mal davon abgesehen, dass ich sowieso gegen Kriege bin.



Kommt darauf an, ob es eine "Vorwärtsverteidigung" ist. Die Frage ist doch, ob VERTEIDIGUNG als passives Moment überhaupt mit der Aggressivität verträgt, die einen GUTEN Soldaten auszeichnet. Das erinnert einer, der noch unter Wehrmachtsoffizieren wehrdienstverpflichtet war und eigentlich an 5 Tagen der Woche mit ihnen im Offizierskasino speisen musste. Wegen der unerträglichen Gespräche dort habe ich mich mit verschiedensten Begründungen allerdings an 3-4 Tagen davon abgeseilt- auch eine Form von Desertation, auf die ich ein wenig stolz bin.

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mens irritans contra vitam corpore destinatam


Geschrieben von dr.rudolf am 06.12.2010 um 11:06:

Hallo zusammen,

die (ethisch-moralische) Frage des Desertierens kann doch nicht daran gemessen werden wie "schrecklich" das konkrete Kriegsgeschehen ist oder war.
M.E. kommt es vielmehr darauf an, wie die Entscheidung zustande gekommen ist, dass der Einzelne gezwungen ist, in einem Konflikt die Waffe zu gebrauchen. Ist dies rechtsstaatlich geschehen, so ist Desertieren eine Straftat wie Diebstahl, Raub o.ä.. Damit es nicht so weit kommen muss, ist das Recht auf Verweigerung des Kriegsdienstes mit der Waffe ein unabdingbares Kriterium für einen Rechtsstaat.

Etwas anders sah es z.B. im NS-Regime aus, wo die Frage der Desertion eng mit der Frage der Bindung an einen fragwürdigen Fahneneneid verknüpft ist. Und die Diskussion um die nachträgliche Rehabilitation der Deserteure des II.Weltkriegs hat diese Problematik auch eindeutig aufgezeigt.
Ketzerisch gefragt: Ist ein Deserteur, der (nur) vor Angst die Hose voll hatte, genauso einzuschätzen wie einer, der aus innerer Überzeugung gegen ein verbrecherisches Regime desertierte ???

Insgesamt eine sehr vielschichtige und damit auch problematische Fragestellung, die sich nicht in ein Schwarz-Weiß-Raster pressen läßt !

Gruß
Rudolf

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Geschrieben von Lui am 06.12.2010 um 11:16:







Zitat:
concert for anarchy >> 257 märz 2001 Boris Vian: Der Deserteur Verehrter Präsident Ich sende Euch ein Schreiben Lest oder laßt es bleiben Wenn Euch die Zeit sehr brennt. Man schickt mir da, gebt acht Die Militärpapiere Daß ich in den Krieg marschiere Und das vor Mittwoch nacht. Verehrter Präsident Das werde ich nicht machen Das wäre ja zum Lachen Ich hab kein Kriegstalent. Sei´s Euch auch zum Verdruß Ihr könnt mir´s nicht befehlen Ich will´s Euch nicht verhehlen Daß ich desertieren muß. Seit ich auf Erden bin Sah ich den Vater sterben Sah meine Brüder sterben Und weinen nur mein Kind. Sah Mutters große Not Nun liegt sie schon im Grabe Verlacht den Bombenhagel Und treibt mit Würmern Spott. Als ich Gefangner war Ging meine Frau verdienen Ich sah nur noch Ruinen Nichts blieb, was mir mal war. Früh wenn die Hähne krähen Dann schließ ich meine Türen Und will die Toten spüren Und auf die Straße gehen. Ich nehm den Bettelstab Auf meiner Tour de France Durch Bretagne und Province Und sag den Menschen dies: Verweigert Krieg, Gewehr Verweigert Waffentragen Ihr müßt schon etwas wagen Verweigert´s Militär. Ihr predigt, Kompliment Doch wollt Ihr Blut vergießen Dann laßt das Eure fließen Verehrter Präsident. Sagt Eurer Polizei Sie würde mich schon schaffen Denn ich bin ohne Waffen Zu schießen steht ihr frei. (Variante zur Schlußstrophe, nur in Notfällen zu singen) Sagt Eurer Polizei Sie würde mich nicht schaffen Denn ich besitze Waffen Und schieße nicht vorbei. (Aus Boris Vian, "Der Deserteur - Chansons, Satiren und Erzählungen", Wagenbach Verlag, 1992)


http://www.graswurzel.net/257/concert.shtml

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Man kann alles zensieren und durch Regeln beschränken. Nur dann darf man sich nicht wundern, wenn irgendwann viele weg bleiben.

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Ich baue grundsätzlich in allen Beiträgen absichtlich Rechtschreibfehler ein um den Leser und ganz speziell den "Klugscheissern" zusätzlichen Spaß zu bereiten und meine Beiträge interessanter zu machen.

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